Haushaltsrede 2017


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,
verehrte Damen und Herren,

auch in den diesjährigen Haushaltsberatungen konnten einige – und alles andere wäre, sieben Wochen vor der Landtagswahl, auch überraschend gewesen – der Versuchung nicht widerstehen, vielfältig gegen die amtierende Landesregierung und die sie tragende Landtagsmehrheit zu Felde zu ziehen und dort die Verantwortung für alle Probleme zu verorten, mit denen man sich in Langenfeld herum schlagen muss. Und wie immer steht dabei der Solidarbeitrag, der für 2017 ca. 2,4 Mio. Euro beträgt, im Mittelpunkt der Kritik. Angesichts der Tatsache, dass wir mit dem Jahr 2017 etwa die Hälfte der Laufzeit bzw. des aufzubringenden Betrages hinter uns haben, erstaunt immer noch die Dramatisierung und Verbissenheit, mit der dieses Thema alljährlich in den Haushaltsberatungen – aber gerne auch dazwischen – von CDU, FDP, BGL und Verwaltung behandelt wird. Wobei es das Wort „erstaunt“ nicht wirklich trifft: Eigentlich wirkt es nur noch nervig und ermüdend. Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtshofes wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt gewesen, seinen Frieden mit dieser ungeliebten Umlage zu machen. Aber nein, die Richter und Richterinnen sind ja alle unfähig und nur Langenfeld im Besitz der letzten Weisheit. Deshalb führt man einen Rechtsstreit weiter, bei dem die einzigen Gewinner die beteiligten Kanzleien sein werden. Aber es passt ja auch zu schön, Jahr um Jahr die Zahlungen in den Solidarpakt als Entschuldigung für einen defizitären Planentwurf ins Feld führen zu können. Was in etwa das Gleiche ist wie das Verhalten eines Steuerzahlers, der Monat für Monat sein Bruttoeinkommen ausgibt, bei fälligen Steuerzahlungen Schulden macht und dann argumentiert, dass an seinen Schulden nur das Finanzamt Schuld sei.

Bei einer halbwegs rationalen Betrachtung dieses Themas, die ja kaum noch möglich ist, müsste man einfach nur mal zur Kenntnis nehmen, dass sich die Solidarumlage in eine Vielzahl von Transferleistungen einreiht, bei denen Langenfeld sowohl Nehmer von Finanzmitteln wie Geber ist. Es geht eben nicht um einen dramatischen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und Finanzhoheit, sondern es geht im Rahmen eines ohnehin bestehenden, vielfältigen Transfersystems staatlicher, ausgleichender Geldströme um einen in NRW neuen und befristeten, in anderen Bundesländern seit Jahren dauerhaft bestehenden Finanzausgleich zwischen wohlhabenden und hoch verschuldeten Städten und Gemeinden. Wobei in NRW das Land selber noch zwei Drittel der hierzu beschlossenen Aufwendungen beiträgt. Ein Sechstel müssen die abundanten Kommunen, einen gleich großen die nicht abundanten durch einen Vorwegabzug bei den Schlüsselzuweisungen tragen.

Insgesamt muss Langenfeld 2017 als Geber ca. 48 Mio. Euro an geplanten Transferleistungen aufbringen, der größte Posten dabei ist die Kreisumlage mit 35,5 Mio. Euro, gefolgt von der Gewerbesteuerumlage mit 4,8 Mio. Euro. Die Solidarumlage macht dabei mit 2,4 Mio. Euro nur 5 Prozent der Transfer-aufwendungen aus. Allein die jährlichen Schwankungen bei der Kreisumlage – in beide Richtungen – sind oft deutlich größer als dieser Betrag. So zahlt Langenfeld in diesem Jahr eine um 4,2 Mio. Euro niedrigere Kreisumlage als 2016.

Den Transferaufwendungen stehen in diesem Jahr aber auch nicht zweckgebundene 49,6 Mio. Euro Transfererträge wie etwa Zuflüsse aus Einkommen- und Umsatzsteueranteilen gegenüber. Dazu kommen zweckgebundene Landeszuweisungen etwa im Bereich Schulen von 3,2 Mio. Euro – einschließlich des zinslosen Kredits „Gute Schule“ und weitere in anderen Bereichen. Ob dieser Verschiebebahnhof bei den Finanzströmen zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, darüber lässt sich sicher trefflich streiten, allein ein permanentes Wehklagen über einen einzelnen, herausgehobenen Einzelanteil wird der inzwischen durch viele Gesetze etablierten Komplexität dieser Finanzströme nicht gerecht und ist deshalb auch völlig fehl am Platze.

Noch wenige letzte Sätze zum Thema Solidarumlage: Es ist mir nicht nur diese Verbissenheit weitgehend unverständlich, sondern auch, wie man bei solchen, demokratisch beschlossenen Transferaufgaben von „Zwangsabgabe“ oder „Räuberabgabe“ sprechen kann. Diese Sprache sollte man besser den Rechtspopulisten überlassen. Schließlich reden wir hier von verfassungsgemäß zu Stande gekommen Gesetzen und nicht von selbstherrlichen Dekreten!

Meine Damen und Herren, die Fraktion von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN hat sich in den diesjährigen Haushaltsberatungen mit Anträgen aus der Wünsch-Dir-Was-Kiste zurück gehalten, was man nicht von allen Fraktionen sagen kann. Ich möchte im Folgenden nochmal auf unsere Beiträge zu den Haushaltsberatungen zurück¬kommen, um an ihrem Beispiel die aus unserer Sicht bestehenden Defizite sowohl im Haushalt wie im politischen Handeln deutlich zu machen.

Ich beginne gleich mit dem Reizthema – nicht für uns aber für andere – Sozialarbeit an Schulen und gesellschaftlichen Konfliktpunkten. Um es an dieser Stelle gleich ganz deutlich zu machen: Auch ich bin der festen Überzeugung, dass die personell ausreichende Ausstattung der Schulen – und das heißt sowohl hinsichtlich der Lehrkräfte wie der dringend in allen Schulformen benötigten Schulsozialarbeiter – eigentlich Sache des Landes wäre. Aber im Gegensatz zu anderen wollen wir Langenfelder GRÜNE mit der Unterlassung der Landespolitik kein eigenes Nichtstun rechtfertigen und den Konflikt auf dem Rücken der Lehrer- und SchülerInnen austragen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Stadt im Zweifelsfall dann eben selbst Gelder für Personalausgaben in die Hand nehmen muss um den sozialen Heraus¬forderungen an den Schulen begegnen zu können. Dazu gehört die Bewältigung der Inklusion genauso wie der Umgang mit Schulabbrechern und sozial auffälligen Kindern und Jugendlichen – den Dauerarbeitslosen und Hartz4-Karrieren von morgen. Entsprechendes gilt für den Einsatz von Sozialarbeitern bei gesellschaftlichen Randgruppen und Flüchtlingen. Letzteres werden wir ja noch bei einem der nächsten Tagesordnungspunkte diskutieren. Leider wird der langfristige Nutzen, den eine entsprechende Prävention durch Sozialarbeit sowohl bei Kindern und Jugendlichen, wie auch bei Erwachsenen hat, nicht erkannt, sondern durch die Fixierung auf einen kurzfristigen Kostenaspekt ausgeblendet.

Vor mehr als zehn Jahren hat der Rat der Stadt Langenfeld den Grünordnungsplan als Leitbild für die Freiraumentwicklung Langenfelds beschlossen. „Die Umsetzung sollte kontinuierlich über geeignete Maßnahmen erfolgen“, so die damalige Formulierung zur Aufwertung naturnaher Erholungsräume und zur Entwicklung des Naturschutzes. Demzufolge wurden über die Jahre regelmäßig 25.000 Euro für diesen Zweck in die Haushalte eingestellt, manchmal auch mehr. Unser Antrag, zumindest diesen Minimalbetrag auch für das Jahr 2017 zu halten, wurde von der CDU abgelehnt. Die Geringschätzung, die die CDU seit Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten, der Naherholung und dem Naturschutz gegenüber an den Tag legt, lässt sich kaum nachdrücklicher dokumentieren, als dadurch, selbst einen Minimalbetrag von 25.000 Euro noch weiter zu kürzen. Angesichts der Tatsache, dass die Stadt kürzlich ein landwirtschaftliches Grundstück im Norden Langenfelds erworben hat und eigentlich immer im Besitz weiterer landwirtschaftlicher Flächen ist, erstaunt die Aussage, es fehlten die Flächen, um Maßnahmen aus dem Grünordnungsplan umzusetzen. Flankiert wird dieses Desinteresse durch eine fehlende transparente Bilanz beim Öko-Konto, bei dem eingehende Gelder und daraus umgesetzte Maßnahmen gegenüber gestellt werden sollten.
Vielleicht hat die fehlende Bereitschaft zur Umsetzung des Grünordnungsplans aber auch einen ganz anderen Hintergrund: Man möchte nämlich keine Flächen im Rahmen des Grünordnungsplans landschaftspflegerisch aufwerten, die man vielleicht noch mal bei einer späteren Regionalplanung als neues Wohn- oder Gewerbegebiet ins Spiel bringen will. Nicht umsonst weigert sich die CDU ja beharrlich, trotz ihrer Lippenbekenntnisse zum Grüngürtel im eigenen Wahlprogramm, konkrete Angaben dazu zu machen, worin denn für sie der Grüngürtel besteht und wo Bebauung definitiv ihre Grenzen findet. Ein positives Bekenntnis zu Naherholung und Naturschutz sieht anders aus.

Ein weiterer Antrag der GRÜNEN Fraktion, der im Rahmen der Beratungen im Bau- und Verkehrsausschuss keine Mehrheit fand, war der Antrag, zusätzliche bescheidene 10.000 Euro für die Förderung des Radverkehrs auszugeben. Natürlich gab es hier in den letzten zwei Jahren Fortschritte bezüglich der Markierung von Radfahrstreifen sowie – endlich – die Erneuerung der Radwege an der Knipprather und Berghausener Straße durch den Landesbetrieb. Tatsächlich aber ist die Ratsmehrheit nicht bereit, zur Förderung des Radverkehrs in Langenfeld mehr Geld in den Haushalt einzustellen, als durch die Vermietung der Fahrradboxen an den beiden S-Bahnhöfen an Einnahmen zu verzeichnen sind. Das ist wirklich ein Armutszeugnis für die Radverkehrsförderung. Passt aber leider in eine Politik, die immer dann einen Rückzieher macht, wenn wirklich ernsthafte und substantielle Projekte in den Fokus geraten. Das war beim diskutierten Umbau des Berliner Platzes so und im letzten Jahr bei unserem Antrag zur Prüfung einer Fahrradstation am S-Bahnhof Langenfeld. Hier schien sogar die – auch kostenmäßige – Beteiligung Monheims möglich. Nach wie vor findet eine verknüpft gedachte Mobilität unter Beteiligung verschiedener Verkehrsmittel nicht statt. Bereits vor vier Jahren hatten wir die Reparatur der Radfahrübergänge an den Nebenstraßen der Wilhelmstraße beantragt. Aber auch in diesem Jahr reichte der miserable Zustand noch für einen Zeitungsartikel. Das Defizit an Abstellanlagen im Innenstadtbereich besteht genau so fort wie die schlechte Situation für Radfahrer auf Teilen der Schneiderstraße und der Opladener Straße. Im Gegensatz dazu findet die weitere Förderung des Parkkomforts für Autofahrer, Stichwort Stadtschlüssel, immer ihre ergiebigen Finanzierungsmöglichkeiten in den smarten Sphären städtischer Gesellschaften.

Auch diese Haushaltsberatungen kamen leider nicht ohne die üblichen Schaufensteranträge aus, mit denen 2017 vor allem BGL und CDU versuchten, an ihrem Erscheinungsbild zu arbeiten. Die BGL mit ihrem Antrag für Licht- und Spielinstallationen in der Innenstadt für mal eben 75.000 Euro und die CDU mit Anträgen im Jugendhilfe und Haupt- und Finanzausschuss, auf die es sich lohnt, kurz einzugehen.

Seit Jahren gibt es in Langenfeld Gelder für die Qualitätsoffensive. Früher mit vorgegebenem Betrag im Entwurf, seit neuestem nur noch auf Antrag aus der Politik. Diese Steilvorlage aus der Verwaltung nutzt die CDU inzwischen gerne zur Profilierung. So auch in diesem Jahr. Natürlich können auch wir und alle anderen Fraktionen im nächsten Jahr entsprechende Anträge stellen. Für den richtigen Weg halten wir das nicht. Wir appellieren hier angesichts der grundsätzlichen Einigkeit aller Ratsfraktionen an die Kämmerei, bereits in den Entwurf für 2018 einen sinnvollen Betrag für die Qualitätsoffensive aufzunehmen.

Den Vogel abgeschossen zum Thema Schaufensterantrag hat allerdings in diesem Jahr die CDU mit ihrem Antrag „Sicherheitskonzept zur Gewaltprävention auffälliger Jugendlicher“. Wie wenig es dabei um eine ernsthafte inhaltliche Diskussion bestehender Probleme ging, wurde schon dadurch manifestiert, dass man den Antrag nicht an den zuständigen Jugendhilfeausschuss gerichtet hat – in dem die CDU bekanntlich keine Mehrheit hat – sondern an den Haupt- und Finanzausschuss. Im Jugendhilfeausschuss hätte man sich wenige Tage vorher ja auch an der Quadratur des Kreises versuchen müssen: In der gleichen Sitzung des Fachausschusses 30.000 Euro für die AJA abzulehnen und auf der anderen Seite Gewaltprävention für auffällige Jugendliche zu fordern, wäre schon eine argumentative Herausforderung gewesen. Da ist es natürlich einfacher, unverbindliche Prüfaufträge an die Verwaltung zu richten. Dabei kann man auch schon mal übersehen, dass man Dinge prüfen lässt, die im Rahmen der jetzigen finanziellen Haushaltsmittel alle schon zum täglichen Geschäft der Fachabteilung gehören. Jetzt – bei nicht mehr weg zu diskutierenden Problemen – auf der einen Seite ein Konzept zur Gewaltprävention zu beantragen, aber seit Jahren die notwendige Personalausstattung bei der Sozialarbeit insgesamt (AJA, Schulen, Flüchtlinge) zu verhindern und als völlig überflüssig zu bezeichnen, ist eine Logik, die wir von der CDU gerne mal erklärt bekämen.

Meine Damen und Herren, zum Schluss doch noch ein positives Detail aus den Haushaltsberatungen: Wir hatten im Planungs- und Umweltausschuss mit einem Antrag – eigentlich zum Haushalt – eine Überplanung des in die Jahre gekommenen westlichen Teils des Konrad-Adenauer-Platzes angeregt. Auch die BGL hatte Mittel zur Verschönerung beantragt. In der Diskussion einigte man sich dann dank Herrn Braschoss auf einen Vorschlag der CDU, auf die Mittelbeantragung für eine konkrete Planung zu verzichten und stattdessen 20.000 Euro für einen Dialogprozess über eine Neugestaltung mit den Anwohnern und der Bürgerschaft in den Haushalt einzustellen. Bedauerlich nur, dass es solche Einigungen in sachlicher Diskussion nur sehr selten gibt.

Ich komme damit endgültig zum Schluss meiner Ausführungen mit dem nicht ganz überraschenden Fazit, dass die Fraktion von Bündnis 90 /DIE GRÜNEN dem vorliegenden Haushaltsentwurf aufgrund fehlender inhaltlicher Übereinstimmungen vor allem in den Bereichen Soziales, Jugendhilfe, Verkehr und Umwelt nicht zustimmen kann.

Vielen Dank!