Haushaltsrede zum städtischen Haushalt 2019

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,
verehrte Damen und Herren,

Inhaltlich ist das herausragende Element des Haushalts 2019 sicher die jetzt beginnende und auch für die Folgejahren sich fortsetzende Senkung der Gewerbe- und Grundsteuer. Deshalb möchte ich auch, bevor ich auf einzelne Produktbereiche des Haushalts eingehe, dazu die Position der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darlegen.

Bereits vor einem Jahr haben wir auf einen entsprechenden Antrag der BGL hin über die Gewerbesteuersenkung diskutiert. Alle außer der BGL waren sich damals eigentlich einig, dass man Steuersenkungen nicht aufgrund von Einmaleffekten beschließen sollte. Gibt es denn heute, ein Jahr später, neue Erkenntnisse, die diesen Schritt jetzt nahelegen? Wir meinen: nein! Im Gegenteil. Die wirtschaftliche Entwicklung beginnt sich einzutrüben, Wachstumsprognosen für 2019 werden quasi wöchentlich zurückgenommen und berichtspflichtige Unternehmen korrigieren ihre Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Jahr nach unten.

Hat man denn eigentlich die Haushaltsentwicklung nach der letzten Gewerbesteuersenkung schon vergessen? Im Jahr 2009 – in diesem Jahr trat die letzte Stufe der Senkung auf den bis 2018 gültigen Hebesatz von 360 Punkten in Kraft – gab es auch eine einmalig hohe Gewerbesteuereinnahme von fast 71 Mio. €. Danach gingen die Einnahmen aus dieser Steuer drastisch auf 47 Mio. € in 2012 zurück. Von den auf das Jahr 2009 folgenden sieben Haushaltsjahren bis 2016 waren sage und schreibe fünf defizitär. Und jetzt meint man wieder, erkennbar vor einer wirtschaftlichen Abkühlung stehend, die Steuereinnahmen senken zu können. Solide Haushaltspolitik, die sich durch Stetigkeit und Berechenbarkeit auszeichnet, meine Damen und Herren, sieht aus unserer Sicht anders aus.

Mit der Einbringung des Haushaltsentwurfs war viel von einer Bürgerdividende und von Generationengerechtigkeit die Rede. In unseren fraktionsinternen Haushaltsberatungen war es deshalb auch eine zentrale Frage, ob es wirklich angemessen ist, im Zusammenhang mit den Steuersenkungen von einer Bürgerdividende und von Generationengerechtigkeit zu sprechen. Dazu muss man sich einmal klarmachen, was hier eigentlich geschieht: Im Fall der Grundsteuersenkung herrscht das Prinzip der tröpfelnden Gießkanne vor. Sehr vielen wird individuell sehr wenig gegeben. Wir reden hier von niedrigen ein- oder zweistelligen Eurobeträgen im Jahr. Die Chance, diesen in kleinste Beträge sinnlos zerstückelten, aber in der Summe namhaften Betrag für sinnvolle Investitionen auszugeben, wird vertan. Im anderen Fall der Gewerbesteuersenkung wird dagegen umgekehrt Wenigen sehr viel an Steuererleichterung gewährt. Bei einer zahlenmäßig überschaubaren Zahl von Empfängern von AG’s, GmbH’s, OHG’s etc. überdies von einer Bürgerdividende zu sprechen, ist schon ein gewagtes Unterfangen. Unterm Strich werden die öffentlichen Kassen geleert, die privaten gefüllt – und dies trotz dringend notwendiger öffentlicher Investitionen in die Zukunft unserer Stadtgesellschaft. Soviel zur Generationengerechtigkeit. Wir werden als GRÜNE in Langenfeld sicher nicht still bleiben, wenn in nächster Zukunft aufgrund einer sich verschlechternden Einnahmesituation notwendige Investitionen in wichtigen Bereichen wie Schule oder Kinderbetreuung ausbleiben oder zurück gestellt werden müssen.

Sicher ist die Berücksichtigung der Generationengerechtigkeit und der Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern auf vielfältige Art und Weise tatsächlich ein anzustrebendes Ziel von Kommunalpolitik, nur sicher nicht so, wie beim vorliegenden Haushalt erkennbar. Im Folgenden möchte ich beispielhaft an einigen Produktbereichen aufzeigen, was im Verständnis der GRÜNEN-Fraktion den Namen Bürgerdividende oder Generationengerechtigkeit wirklich verdienen würde. Und wozu wir entsprechende Anträge in die Beratungen eingebracht hatten, die, zumindest zum überwiegenden Teil, wie gewohnt von der CDU abgelehnt wurden. Wobei ja der Ausdruck der „Bürgerdividende“ an sich schon zu hinterfragen wäre. Ist die Stadt Langenfeld wirklich ein Wirtschaftsunternehmen, das Gewinne erwirtschaften und Dividenden abwerfen soll? Oder geht es nicht viel praktischer darum, soweit das mit finanziellen Mitteln möglich ist, in der städtischen Grundversorgung dauerhaft unnötige Belastungen zu verringern, soziale Ungleichgewichte auszutarieren und eine Stadtgesellschaft vorausschauend und generationengerecht auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten?

Warum lehnt man es ab, den seit über 20 Jahren eingefrorenen Zuschuss für Jugendliche zu erhöhen? Muss man wirklich die Sportvereine immer noch mit einer Hallenbenutzungsgebühr traktieren? Wie logisch ist es, sich für die Auszahlungen aus dem Gesellschaftsfond oder Gesellschaftsfond Plus selber auf die Schulter zu klopfen und sich bei den Sportvereinen Geld über diese Gebühr wieder zurück zu holen? Die Weigerung der Verwaltung, über eine Herabsetzung der Straßenbaubeiträge hier die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, hat uns in ihrer Begründung nicht überzeugt. Wenn bei 21 von 32 Einzelpositionen die Beiträge 50 % und mehr betragen, halten wir nach wie vor an unserem Vorschlag für eine Entlastung fest.

Trotz der bald fertig gestellten neuen KiTa am Geranienweg gibt es erheblichen Bedarf an entsprechenden Plätzen. Warum gibt es in Langenfeld nach wie vor keinen langfristig angelegten Plan, um endlich eine ausreichende Versorgung mit KiTa-Plätzen sicher zu stellen? Warum immer dieses Handeln auf Sicht von ein, zwei Jahren, um danach ständig wiederkehrend erstaunt festzustellen, das Lücken in der Versorgung wieder nicht geschlossen wurden? Positiv ist hier natürlich anzumerken, dass auch die CDU inzwischen erkannt hat, dass man an die konzeptionelle Gestaltung heran muss, um eine bessere Ausrichtung an der realen Berufssituation der Mütter und Väter hin zu bekommen.

Überhaupt kein Ruhmesblatt ist die Art und Weise, wie die Verwaltung in den letzten zwei Jahren mit den dringend notwendigen Verbesserungen bei der Schülerbetreuung im Offenen Ganztag umgeht. Und dies, so muss man leider konstatieren, mit Billigung der CDU-Fraktion. Klar ist, dass man im Bereich der OGS zu lange einer sich verschlechternden Situation zugesehen hat. Hier sind Erweiterungen im Platzangebot dringend geboten. Bei allen Beratungen und Arbeitskreissitzungen der letzten zwei Jahre ist nicht mehr heraus gekommen, als ein paar Schalldämmplatten an wenigen Brennpunkten und eine ständige Neubesprechung von Prioritätenlisten. Von der Verwaltung erwarten wir hier kein ständiges Beschwören der schwierigen Problemlage, sondern konkrete Lösungsvorschläge und vor allem deren Umsetzung. Langenfeld hat die Finanzkraft, hier engagiert zur Sache zu gehen. Völlig unverständlich für uns ist deshalb, dass hier überhaupt keine Mittel in den 2019-Haushalt eingestellt sind und unser diesbezüglicher, bescheidener Antrag abgelehnt wurde. Das spricht wiederum nicht für eine schnelle Mängelbeseitigung. Den Schülerinnen und Eltern, die jetzt einen qualitativ guten OGS-Platz benötigen, ist aber nicht damit gedient, auf eine ausreichende Zahl gut ausgestatteter Plätze in drei, vier Jahren verwiesen zu werden. Wo bleibt hier die von Bürgermeister und Kämmerer selbst in die Diskussion gebrachte Generationengerechtigkeit? Und wie passt es zusammen, dass im Bereich der OGS mangelnde Planungskapazitäten beklagt werden und gleichzeitig zusätzliche 300.000 € für die Planung der Bibliotheks-Umgestaltung zur Verfügung stehen? Das ist nicht die richtige Prioritätensetzung für eine Stadt, die sich gerne als familienfreundlich darstellt.

Positiv im Sozialbereich ist festzuhalten, dass die CDU auf unseren Antrag eingeschwenkt ist, die langjährige Arbeit des SkF mit der „Tüte“ und dem Sozialkaufhaus „ProDonna“ angemessen zu unterstützen. Allerdings wirkt dies im Sozialbereich wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Nach wie vor sträubt sich die CDU vor adäquaten Ausgaben für die Betreuung der Flüchtlinge, personell genauso wie inhaltlich etwa aktuell durch die Anlage von Spielplätzen an den Unterkünften. Vor allem aber werden Probleme wie Armut und Wohnungsmangel nicht wirklich in ihrer ganzen Tragweite wahrgenommen. Zahlen der Langenfelder Sozialverbände über versteckte Wohnungslosigkeit werden ebenso beiseitegeschoben wie die Zahl von 200 bis 300 jährlich neu beantragten Wohnberechtigungsscheinen. Und wie will man die anerkannten Asylbewerber wirklich integrieren, wenn man sie wegen fehlender Wohnungen nicht aus den Unterkünften herausbekommt? Ohne den Blick auf Alternativen zu lenken, halten Bürgermeister und CDU an dem einmal eingeschlagenen Weg der Abgabe von Grundstücken und der Vereinbarungen mit Investoren fest. Und obwohl die aktuelle Statistik zeigt, dass damit in den letzten drei Jahren nicht mal der Bestand gehalten werden konnte, lehnt man das zielführende Konzept einer stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft weiterhin ab. Wir werden an diesem Ziel weiterhin festhalten und hoffen weiter auf zunehmende Einsicht – oder andere Mehrheiten ab 2020.

Dass sich manchmal Einsichten durchaus einstellen können, haben wir ja in den Haushaltsberatungen zumindest ansatzweise im Bereich Stadtplanung und Klimaschutz erlebt. Dabei hat die CDU unsere oft geäußerte und in einem Antrag konkretisierte Forderung nach mehr Dach- und Fassadenbegrünung mit einem eigenen Antrag aufgenommen. Ein Schritt in die richtige Richtung bei der Klimafolgenanpassung. Nach wie vor gibt es aber wenig Fortschritt bei den eigentlichen Maßnahmen zum Klimaschutz. Energetische Sanierung von Häusern wird weiterhin nicht von der Stadt gefördert und die Thermografie-Befliegung wurde gecancelt. Maßnahmen, die im Fachausschuss beschlossen wurden, harren auch vier Monate nach Beschlussfassung immer noch einer erkennbaren Umsetzung. Einige Stichworte: Hinweise an Hausbesitzer zu den Themen Sanierung und Solarnutzung, Identifizierung von Frischluftschneisen, Vorschläge für Baumpflanzungen, Trinkbrunnen. Unverständlich, warum die Versendung der Grundsteuerbescheide nicht für die gleichzeitige Versendung von Sanierungsinformationen genutzt wurde. Sollte hier etwa die Einstellung vorherrschen, „beschließt ihr im Ausschuss mal schön, die Verwaltung macht ohnehin was sie will“?

Auch im klimarelevanten Mobilitätsbereich ist kein wirklicher Fortschritt erkennbar: Förderung von Lastenrädern – abgelehnt
Mittel für die Radfahr-Infrastruktur – abgelehnt
Fortsetzung Wartehallen-Programm 2019 – abgelehnt
Verbesserung ÖPNV-Anbindung – Ablage M; M wie Mobilitätskonzept
Letzteres wurde übrigens im Jahr 2017 beschlossen. Im Sommer 2019 soll jetzt eine erste Vorlage dazu in den Ausschuss gehen. Nach den Erfahrungen mit Radfahrkonzept, Klimaschutzkonzept und Strategiekonzept Wohnen sind unsere Erwartungen daran – na sagen wir mal – eher gedämpft. Aber wir lassen uns auch gerne positiv überraschen.

Zusammenfassend möchte ich also für unsere Fraktion sagen, dass wir die geplanten Steuersenkungen, in denen wir weder eine wirkliche Bürgerdividende oder Generationengerechtigkeit angelegt sehen noch eine ökonomische Sinnhaftigkeit erkennen können, genauso ablehnen wie einen Haushaltsentwurf, der trotz einiger Schönheitspflaster nach wir vor zukunftsfähige Prioritäten vermissen lässt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Fraktionsvorsitzender Dr. Günter Herweg am 26. März 2019)